Unterricht ohne Internet und Medien ist undenkbar geworden
Durch die rasche Entwicklung der Informationstechnologien und damit verbundene Änderungen am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft sehen sich Schulen und Bildungsinstitutionen ständig ändernden Anforderungen gegenüber. Der Einsatz der Informationstechnologien führt zu neuen pädagogischen Herausforderungen, aber auch zu einer Reihe von Lernchancen für den Unterricht in allen Gegenständen. Die Aufklärung zur sicheren Nutzung macht dabei nach und nach dem souveränen Umgang mit den Medien und dem Internet Platz.
Im Fokus der neuen Lernformen sind unmittelbare Bezüge zur beruflichen und gesellschaftlichen Realität, die Handlungsorientierung, ein hoher Grad an Selbstorganisation und die Gestaltung von Wissensmanagement-Prozessen, die von den Lernendenselbst gesteuert werden. Die jungen Menschen sind von Anfang an von Medien umgeben. Als Digital Natives verfügen sie bereits bei Schuleintritt über ein hohes Maß an Medienkompetenz, die sich ständig ausweitet. Die pädagogische Aufgabe besteht nun darin, diese „vagabundierende“ Kompetenz gemeinsam mit den Lernenden im Sinne der Informations- und Wissensgesellschaft mit konkreten Zielen und Inhalten zu versehen und den produktiven und reflektierten Umgang mit den Medien und dem Internet anzuregen. Dieter BAACKE (†) hat dazu 1998 ein Modell mit vier Bestandteilen entwickelt, an dem sich die entsprechenden medienpädagogischen Aufgaben gut festmachen lassen:
1. Die Medienkunde umfasst jenes Wissen, das den Zugang zu den Neuen Medien ermöglicht, die Bestandteile des Mediums und die Bedienung.
2. Die Mediennutzung besteht aus der rezeptiv-anwendenden Kompetenz und der Fähigkeit zur interaktiven Nutzung.
3. Die Mediengestaltung umfasst Fertigkeiten zur innovativen und kreativen Gestaltung von Mediensystemen.
4. Die Medienkritik umfasst die analytische Dimension zum Erkennen problematischer gesellschaftlicher Prozesse, die reflexive Dimension zur kritischen Mediennutzung und die ethische Betroffenheit.
Die vier Bestandteile sind als pädagogische Einheit zu betrachten, die im Sinne eines Spiralcurriculums jeweils altersadäquat zu vertiefen sind: Das beginnt bereits im Vorschulalter, wenn Kinder (in diesem Fall gemeinsam mit den Eltern und betreuenden Personen) mit dem Internetsurfenbeginnen (1), umfasst die Aufklärung und Sinnstiftung in der Mittelstufe und endet mit einer vertiefenden berufsbezogenen Auseinandersetzung im Abschlussjahr der Oberstufe bzw. Berufsschule. Zur Medienkompetenz gehören Techniken der Mediennutzung wie die Internetsuche und Forenbenutzung, die Anleitung zur kreativen und benutzergerechten Gestaltung von Webauftritten, die Diskussion der Auswirkungen der Mediengesellschaft genauso wie der sichere Umgang mit dem Medium, der Schutz der Privatsphäre und die Achtung der Kommunikationsregeln im Internet, der „Netiquette“(2), des Copyrights und der Menschenwürde. Die Medienkompetenz ist somit interdisziplinär und unter dem Gesichtspunkt des jeweiligen Gegenstands zu vermitteln, wie z. B. die Grundlagen des E-Commerce und die Rechte der Konsumenten im Gegenstand Betriebswirtschaftslehre bzw. Politische Bildung.
Die Informationstechnik ist neben der Sprache zur zentralen Kulturtechnik geworden, die unser berufliches und gesellschaftliches Umfeld maßgeblich beeinflusst. In der IT- und medienkritischen Diskussion wird manchmal übersehen, dass der Wissens- und Kompetenzerwerb unverzichtbar an die jeweiligen Artefakte (Werkzeuge), die der Gesellschaft zur Verfügung stehen, gekoppelt ist. Erst aus dem Umgang mit den Werkzeugen zur Lösung realer Problemstellungen erwachsen berufliche wie gesellschaftliche Handlungskompetenz. Computer und Medien haben somit nicht nur unsere tägliche Arbeit, sondern z. B. auch unsere Art zu schreiben und zu kommunizieren grundlegend verändert. Die berufliche Handlungskompetenz beginnt mit den ICT Skills (Umgang mit dem Computer), beruht auf der Vermittlung der Digitalen und der Medien-Kompetenz (Nutzung des Computers und der Medien) und hat zum Ziel die berufliche Tätigkeit, die in der Mehrzahl stark von der Informationstechnik (Tätigkeitstheorie) geprägt ist.
Im Rahmen der Initiative „Web 2.0 – soziale IT-Netze sinnvoll nutzen“ werden Veranstaltungen bis in den Sommer 2011 hinein stattfinden (siehe http://campus.bildung.at/web20). Die österreichische Computer Gesellschaft (OCG) wird Vorträge und Seminare zum Thema „Internet und Recht“, „Privatsphäre im Internet“ und „Medienkompetenz und Web 2.0“ anbieten (siehe www.ocg.at). Für den europäischen „Safer Internet Day“ am 8. Februar 2011 werden Programmschwerpunkte an Schulen vorbereitet (www.saferinternet.at/sid2011).
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1 Der Ansatz von BAACKE liefert auch Antworten auf Fragen der Vorschulpädagogik: Wie soll man mit „Schundliteratur“ umgehen? Und:
Sollen kleine Kinder im Internet surfen dürfen? Aus der Sicht von BAACKE spricht unter der Voraussetzung nichts dagegen, wenn Kinder
von einer erwachsenen Person so begleitet werden, dass sie zum altersgemäßen kritischen Umgang mit dem Internet befähigt werden.
2 Gutes Benehmen im Internet: http://tools.ietf.org/html/rfc1855 und http://www.kirchwitz.de/~amk/dni/netiquette (Stand Okt. 2010).
3 Mehr zum Netbookprojekt: www.eeducation.at
4 Erlass des Unterrichtsministeriums „Digitale Kompetenz an Österreichs Schulen“ Okt. 2010 (Zl. 17.200/110-II/872010
http://www.elearningcluster.com/pdf_s/erlass_digitale_kompetenz.pdf).
Autoren: MinR. DI Mag. Dr. Christian Dorninger, Mag. Christian Schrack