Student am Laptop
Fans der Games gibt es in jeder Generations

Teil 2 – Computerspiele als Lernmedien in der Schule
 

Emotion aktiviert im Spiel und wenn spielerisch gelernt wird. Das wissen auch jene, die Computerspiele im Unterricht einsetzen. Die Erwartungen an das Lernen durch und mit elektronischen Spielen, das Game Based Learning, sind groß, sollen sie doch auch Schüler, die nur schwer für das Lernen zu begeistern sind, zur aktiven Teilnahme anregen. Erste Untersuchungen zeigen, dass sich diese Annahme bestätigen lässt und im Herbst des letzten Jahres eröffnete in den USA die erste öffentliche Schule, die ausschließlich auf spielbasiertes Lernen setzt. 

Computerspiele bieten eine Menge Eigenschaften, die für das Lernen – bewusst oder unbewusst – genutzt werden können. Der wichtigste ist die Interaktion. Die Aktivität des Spielers ist Grundvoraussetzung für das Gelingen des Spiels. Dann gibt es Ziele zu erreichen, die mit entsprechender Belohnung attraktiv zu gestalten sind. Die Zielerreichung stellt eine Herausforderung dar, der sich der Spieler gerne hingibt, weil bei entsprechender Gestaltung des Spiels ein Eintauchen bzw. Aufgehen in die durchlebte Welt, der „Flow Effekt“ (Csikszentmihalyi), möglich ist. 

Dabei werden Emotionen in ihrer gesamten Bandbreite von Freude bis Frustration durchlebt, die sonst nur beim Lesen oder Sehen eines Films erfahren werden. Die Erfahrungen werden aber meist nicht alleine, sondern in Gruppen gemacht. Der Erfolg in der Gruppe ist von den Fähigkeiten der Teilnehmer abhängig, im Team zu planen und zu agieren. Zusätzlich werden alle Erfahrungen in einer von der Realität abgetrennten Welt gemacht. Die damit verbundene Folgenlosigkeit ermöglicht das Ausprobieren und Fehlermachen, ohne unmittelbare Konsequenzen erfahren zu müssen. Ein Vorteil für alle Schüler, die intuitiv arbeiten und nicht nur eingelerntes Wissen wiedergeben möchten. Dass Gefühle dem Menschen wesentlich helfen, sich Ereignisse zu merken, ist belegt. Die von Spielen hervorgerufenen Gefühle können dazu beitragen, „Fakten lebhafter zu behalten und somit den kognitiven Prozess unterstützen“ (Felicia). Dafür müssen selbstverständlich die Spiele auf den Lernenden abgestimmt werden und eine selbständige Aneignung von Wissen sollte gewährleistet sein. Dazu ist ein Gameplay (Spielbarkeit /Spiellogik) notwendig, das weder zu leicht ist und damit den Lernenden unterfordert noch zu schwer. Permanente Frustrationserlebnisse sind für das lustvolle Spielen abträglich und lassen den Gamer schnell das Spiel wechseln, oder er hört überhaupt zu spielen auf. 

Für Sherry Turkle vom Massachusetts Institute of Technology müssen daher drei Faktoren gegeben vorhanden sein, damit der Spieler mit Engagement dabei ist: „fantasy, challange“ und „curiosity“ (Pivec / Moretti). Erfolg in Schulen? Wie lassen sich nun Computerspiele in den Schulalltag integrieren? Zum erfolgreichen Einsatz bedarf es einer umfassenden Abstimmung zwischen Zielgruppe und Spiel. Die Aufgaben im Spiel müssen der Altersgruppe angepasst sein. Das Sprachniveau darf nicht überfordern und nicht zuletzt muss genügend Zeit zur Verfügung stehen, damit ein oder mehrere Level zu Ende gespielt werden können. Aus pädagogischer Sicht sollten die Inhalte den Lehrstoff veranschaulichen, das Ziel des Spiels klar definiert sein und Fortschritte müssen überprüfbar sein. Weiters sollte ein solches Computerspiel die Gruppenarbeit ermöglichen bzw. fördern, der Kreativität Raum geben und natürlich insgesamt eine Lernkurve (Stoffmenge zu Zeitaufwand) haben, die auch Fehlermachen erlaubt. Soweit die Theorie. Lassen sich aber auch tatsächlich Lernerfolge mit Computerspielen nachweisen? Bernhard Racz, Verein ENIS Austria, Europäisches Netzwerk innovativer Schulen in Österreich: „Die Erfahrung zeigt, dass die Nutzung von Spielen im Unterricht die Motivation der SchülerInnen erhöht, Wissen im Rahmen einer spielerischen Erfahrung aufzunehmen. 

Eine Herausforderung ist noch, die fehlende Möglichkeit den „Stoff“ zu prüfen oder das Wissen der SchülerInnen abzufragen. Es gibt mehrere Denkansätze, das Gelernte am Ende des Spiels abzufragen, also den Wissenserwerb nachzuweisen. Im Rahmen des Spiels kann dies laufend erfolgen, indem man die nächste Stufe nur erreichen kann, wenn man neu erworbenes Wissen einsetzt.“ Um das Thema Game Based Learning an Österreichs Schulen überhaupt zu popularisieren führt die Donau-Universität Krems seit 2007 im Auftrag des bm:ukk ein Pilotprojekt durch, in dessen Rahmen der Einsatz von kommerziellen Computerspielen im Regelunterricht getestet wird. Projektleiter Michael Wagner: „Der Haupterfolg dieses Projekts liegt für uns darin, dass es für viele interessierte Lehrerinnen und Lehrer ein Anstoß war, sich auch außerhalb des Projekts näher mit der Thematik des spielerischen Lernens zu beschäftigen.“ Wagner streicht eine wichtige persönlichkeitsbildende Komponente heraus, die in einem immer schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeld, in das die Schüler hineinwachsen, von großer Bedeutung ist: „Die Fähigkeit zu spielen bedeutet insbesondere auch die Fähigkeit, eigene Fehler zu erkennen, Strategien zu überdenken und bereits eingeschlagene Wege auch wieder zurücknehmen zu können.“ Dass der Einsatz von Computerspielen im Unterricht den Lernerfolg fördert, davon ist auch Racz überzeugt: „Die Erfahrung zeigt, dass die Nutzung von Spielen im Unterricht die Motivation der Schülerinnen und Schüler erhöht um Wissen im Rahmen einer spielerischen Erfahrung aufzunehmen.“ Und weiter: „Game based Learning ist sicher einer der nächsten Schritte im Sinne von Multimedia im Unterricht und wird in der nächsten Zeit sicher verstärkt Anwendung finden.“ Wagner kann das nur unterstreichen: „Die Vermittlung von Spielkompetenz im Sinne einer „Gaming Literacy“ ist eine der zentralen Aufgaben der Schule von morgen.“ Damit stellt sich für ihn nicht mehr die Frage, ob sich die Methode des Game Based Learning im Regelbetrieb durchsetzen kann, sondern nur mehr wann. Als Vorbild kann das „Quest to Learn“- Institut von Katie Salen in den USA angesehen werden, das die bereits mehr als zwei Jahrzehnte dauernde Diskussion über den Einsatz von Computerspielen im Unterricht am konsequentesten umsetzt und einen spielbasierten Lehrplan anbietet. 

Dennoch ist Euphorie nicht angebracht. Viele Fragen sind noch offen. Wagner: „Insbesondere beginnen wir erst langsam zu verstehen, welche lerntheoretischen Mechanismen im Game Based Learning wirken und wie sie am
optimalsten ausgenutzt werden können.“ Game Based Learning ist keine „eierlegende Wollmilchsau“ für Wagner, „sondern eine Methode, die zwar großes Potenzial besitzt, die aber keine klassische Methode abzulösen im Stande ist und daher immer ‚nur‘ als ein Bestandteil eines didaktisch methodischen Werkzeugkoffers zu verstehen ist.“ 

Im dritten und letzten Teil von Game Based Learning, Computerspiele im Unterricht, berichten wir darüber, welche Spiele wie in der Wirtschaft zur Schulung von Mitarbeitern eingesetzt werden. Die gesamte Artikelserie finden Sie auf
www.ocg.at 

Aurtor: Mag. Rupert Lemmel-Seedorf 

Quellen und weiterführende Literatur
Sherry Turkle (MIT): Constructions and Reconstructions of Self

http://web.mit.edu/sturkle/www/constructions.html

Patrick Felicia: Digital Games in schools. European Schoolnet, 2009.
Mihaly Csikszentmihalyi: Flow – das Geheimnis des Glücks. Klett-Cotta, 2007.
Maja Pivec, Michaela Moretti: Game-based learning. Discover the pleasure of
learning. Pabst Science Publishers, 2008.
Michael Wagner, Konstantin Mitgutsch: Didaktische Szenarien des Digital Game
Based Learning. Donau Universität Krems, 2008.
ENIS (European Network of innovative Schools) – Österreich
www.enis.stsnet.at
„Quest to Learn“ (Schule, die Inhalte durch Spielen vermittelt) www.q2l.org
Games in schools. Use of electronic games in pedagogical contexts:

http://gamesinschools.ning.com/

Institut von Katie Salen: www.instituteofplay.com
Informationen des bm:ukk zu Game Based Learning: www.elearningcluster.com
Computer Game Studies. Weblog zur Wiener Computerspielforschung –
Informationen für Lehrkräfte, Studierende und Medieninteressierte
www.gamestudies.at/ 

 
 

 

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