OCG News

Ing. Roland Ledinger

Ing. Roland Ledinger

Ing. Roland Ledinger ist seit Juni dieses Jahres neuer ADV-Präsident. Wir sprachen mit ihm über Missionen sowie Milestones in der Vergangenheit und riskierten einen Blick in die Zukunft.

OCG Journal: Sie sind seit kurzem Präsident des ADV. Worin sehen Sie Ihre Mission?

Ledinger: Die ADV ist seit 50 Jahren eine Plattform für Erfahrungsaustausch von Anwendern für Anwender aus der Praxis. Pro Jahr organisieren wir mehr als 50 Veranstaltungen, die den Erfahrungstransfer und die Option auf Verbesserungen zum Ziel haben. Dabei stehen die Themenbereiche E-Government, E-Health, ITAnwendungen, Recht und Sicherheit im Zentrum. Meine Mission ist es, einen sanften Imagewandel zu vollziehen und einen etwas jugendlicheren Charakter in die ADV zu bringen. Wir wollen mit der IT Schritt halten, und dazu ist es notwendig sich innovationsfreudig zu zeigen und die neuen Technologien zu spüren. Wir werden uns daher im nächsten Jahr etwas neu positionieren, wobei wir dabei unserem Kern treu bleiben

OCG Journal: Welche Milestones gab es in den vergangenen Jahren aus Ihrer Sicht hinsichtlich der Informations- und Kommunikationstechnologien?

Ledinger: Die Verbreitung des Internets und wie man Mobilität nutzen kann, also die Bereitstellung von Informationen auf mobilen Endgeräten, sind wichtige Grundvoraussetzungen. Aber auch der Ausbau der Infrastruktur war in den letzten zehn Jahren ein wichtiger Fortschritt. Mittlerweile ist es nahezu egal, wie etwas funktioniert, Hauptsache es ist schnell. Das „Wie“ ist dabei weniger wesentlich geworden und eröffnet somit neue Möglichkeiten. Der Boom der sozialen Netzwerke in den letzen Jahren hat Einfluss auf das Zusammenleben. 63 % bis 65 % der österreichischen Bevölkerung sind im Internet, davon ca. zwei Drittel in sozialen Netzwerken. Bereits ein Drittel des Wirtschaftswachstums kommt von der IKT, somit hat die Politik auch IKT als Wirtschaftsfaktor für die Standortfrage identifiziert. In Österreich stellt der IKT-Markt mit rund 15 Milliarden Euro einen substantiellen Anteil von etwa 6 % des BIP dar, mehr als 125.000 Menschen sind in diesem Sektor beschäftigt und etwa ein Viertel der Zunahme des Bruttoinlandsprodukts und rund 40 % des Produktivitätszuwachses sind auch auf den fortschreitenden Einsatz von IKT zurückzuführen.

OCG Journal: Wie sehen Sie die Entwicklung des Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechnologien in den nächsten zehn Jahren aus Anwendersicht?

Ledinger: Die Mobilität wird sich erhöhen, geräteunabhängige Systeme (PC, Smartphones, Tablets, …) werden immer mehr verschmelzen, die Kanäle werden in einander fließen. Vor allem wird die Usability entscheidend werden, und die damit verbundene Frage ist, wie kann man sich IKT zu Nutze machen. Heutzutage sind immer mehr Informationen verfügbar, das muss aber für den User noch bedeutend praktikabler werden. Ein Beispiel: Der Kühlschrank wird in Zukunft sagen können, dass die Milch fehlt. Die Gerätekommunikation wird sich maßgeblich verändern, dabei wird die IKT eine große Rolle spielen. Auch E-Health wird eine wichtige Rolle übernehmen, ebenso E-Government und E-Commerce. Insgesamt geht es hier doch um lebensorientierte Lösungen nach dem one-stop- Prinzip. Für viele ist IKT heute schon Realität, aber das Ziel muss sein, alle Bevölkerungsgruppen, wie z. B. auch ältere Menschen, an den Vorteilen der IKT partizipieren zu lassen. Zusammenfassend: IKT wird in zehn Jahren überall „drinnen“ sein, es
wird einen Zugang geben mit Service aus der Steckdose.

OCG Journal: Können Sie einige markante Beispiele, die sowohl Wirtschaft und Verwaltung betreffen, nennen?

Ledinger: Wir haben ein föderales System in Österreich. Bei Geburt, Ehe etc. müssen verschiedene Behörden abgeklappert werden. Wir arbeiten bei den Verwaltungsverfahren an der Einführung des one-stop-Prinzips, doch bestehende Barrieren sind manchmal nicht so leicht aufzubrechen (siehe die Diskussionen zwischen Bund und Ländern). In Graz – als Beispiel – gibt es das one-stop-System zum Teil schon. Der Standesbeamte erhält ein Mail vom Krankenhaus, dass ein Kind geboren wurde. Er erscheint am nächsten Tag bei der Mutter, holt alle Unterlagen ab und bringt am nächsten Tag alle notwendigen Dokumente für den neuen Bürger mit, einschließlich der Zustellung der e-Card. Aber letztlich wird deshalb keine werdende Mutter nach Graz ziehen. Für Unternehmer ist der Standort sehr wohl relevant. Hier stellt sich die Frage, wie gut die Verwaltung auf die Wirtschaft reagiert. Die Vision, die wir nächstes Jahr realisieren wollen, ist ein Portal zu schaffen, um alle Dinge erledigen zu können. So wollen wir der Wirtschaft Geld sparen und den Standort aufwerten. Um das alles realisieren zu können, ist eine eindeutige Identifizierung notwendig, um gesichert Dokumente zu übermitteln. Auch Verträge müssen unbedingt sicher über das Netz abgeschlossen werden können. Wenn der Missbrauch zunimmt, werden die Menschen das auch nicht mehr verwenden. Umso entscheidender ist es, dass Vertrauen nicht verloren gehen darf.

OCG Journal: Wie schätzen Sie Aufgaben und Zukunftschancen von „realen“ Vereinen & Communities im Vergleich zu „virtuellen“ Gruppen (XING, Facebook usw.) ein?

Ledinger: Die „realen“ Vereine haben nach wie vor einen gewaltigen Nutzen, aber auch digitale Plattformen
sind wichtig und notwendig, um Kommunikation schnell und unkompliziert zu ermöglichen. Aber es sind eben auch soziale Kontakte auf zwischenmenschlicher Basis aufrecht zu erhalten. Jugendliche treffen ja trotz aller verfügbaren Kanäle noch immer ihre Freunde. Da sind Diskussionen
auf einer anderen Ebene möglich. Die Vereine etc. haben ihre Existenzberechtigung auch in Zukunft, weil der zwischenmenschliche Kontakt eine ganz andere Wertigkeit hat. Das ADV-Motto von der Praxis für die Praxis ist im realen Bereich essenziell. Entscheidend ist, dass auch Vereine ihre virtuellen Möglichkeiten nutzen.

Über Roland Ledinger: 

Ing. Roland Ledinger Im Jahr 1987 startete Roland Ledinger seine Tätigkeit in der Abteilung ADV-Koordination im Bundeskanzleramt. Ab 1995 zeichnete er für die IT-Rechenzentren des Bundeskanzleramtes verantwortlich. Die Projektleitung für „ELAK im Bund“ begann er 2001, seit 2005 leitet er den Bereich IKT-Strategie des Bundes im Bundeskanzleramt. Am 22. Juni diese Jahres wurde er einstimmig zum Präsidenten der ADV – Arbeitsgemeinschaft für Datenverwaltung – gewählt.Ballhausplatz 2
Autor: Franziska Keck

Page 21 of 27« First...«1920212223»...Last »