IT und Recht

Dr. Albrecht Haller ist Rechtsanwalt in Wien und ausgewiesener Fachmann für Urheber-, Marken-, Medien- und Informationsrecht.

Der moderne Leser möge verzeihen, dass ich im Zeitalter der elektronischen Wecktöne ausgerechnet aus dem alten „Lied von der Glocke“ zitiere – aber Schillers Mahnung „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ eignet sich trefflich als Stammbuch-Vers für sorglose Nutzer von Facebook und anderen sozialen Netzwerken.
Erst vor ein paar Monaten hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln über die Frage zu entscheiden, ob Personenbildnisse, die jemand auf die Plattform eines sozialen Netzwerks hochlädt, auch von einem anderen sozialen Netzwerk genutzt werden dürfen (OLG Köln 9. 2. 2010, Aktenzeichen 15 U 107/09). Ausgangspunkt war die Klage eines Facebook-Nutzers, der sein auf Facebook hochgeladenes Photo eines schönen Tages auch auf der Website der Internet-Personensuchmaschine 123people.de wiederfand und sich damit nicht abfinden wollte.

Das OLG Köln wies die Unterlassungsklage ab. Die Richter argumentierten, der Kläger habe mit dem Hochladen seines Bildnisses auf die Facebook-Website seine Einwilligung in einen Zugriff durch Suchmaschinen wie die von der Erstbeklagten betriebene zumindest stillschweigend (konkludent) erklärt: „Der Entscheidung ist [...] zugrunde zu legen, dass der Kläger bei der Einstellung seines Bildnisses [...] trotz der ihm eingeräumten Möglichkeit der Sperre gegenüber Suchmaschinen [...] keinen Gebrauch gemacht hat, ferner, dass die AGB [...] ausdrücklich vorsehen, dass der Nutzer gerade mit der Veröffentlichung von Inhalten in anderen Medien einverstanden ist, es sei denn, er macht von der ihm eingeräumten Option Gebrauch, seine Daten durch Suchmaschinen zu indizieren oder gänzlich zu unterbinden.“

Während es in der eben zitierten Entscheidung um Bildnisschutz (Persönlichkeitsschutz) geht, das heißt um den Schutz eines Abgebildeten, hatte der Bundesgerichtshof Ende April 2010 einen ähnlichen, aber urheberrechtlichen Fall zu beurteilen (BGH 29. 4. 2010, I ZR 69/08):

Eine bildende Künstlerin klagte Google auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zurverfügungstellung ihrer Bilder in Form von Vorschaubildern (thumbnails) im Rahmen der Google- Bildersuche. Die von Google betriebene Suchmaschine verfügt über eine textgesteuerte Bildsuchfunktion, mit der man durch Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen kann, die Dritte im Zusammenhang mit dem eingegebenen Suchwort ins Internet gestellt haben. Die von der Suchmaschine aufgefundenen Bilder werden in der Trefferliste als verkleinerte Vorschaubilder gezeigt. Die Vorschaubilder enthalten einen elektronischen Verweis (Hyperlink), über den man zu jener Internet-Seite gelangen kann, welche die entsprechende Abbildung enthält.

Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück und begründete diese Entscheidung im Wesentlichen so: Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen, sei deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte dem Verhalten der Klägerin (auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung) entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden. Denn die Klägerin habe den Inhalt ihrer Website für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.

Die Moral von der Geschicht‘: Wer sich in sozialen Netzwerken tummelt, tut gut daran, sich auch in technischer Hinsicht um seine Einstellungen zu kümmern – ist Bildmaterial erst einmal „draußen“, dann lässt sich die weitere Verbreitung oft nicht mehr verhindern.

Autor: Dr. Albrecht Haller

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