Dr. Sandra Schaffert

Es gibt eine Fülle von Kurzberichten, Analysen und Kommentaren zu erfolgreichen und erfolglosen Online-Communities, aber nur wenige Metaanalysen der Erfahrungen beim Aufbau von Online-Communities. Im Salzburg NewMediaLab entstand eine Studie, die einen aktuellen Überblick über Empfehlungen zum erfolgreichen Aufbau von Online-Commmunitys gibt.

Online-Communities sind wichtig
Eine Online-Community besteht aus Personen mit gemeinsamen Interessen, die Internet- und andere Kommunikationstechnologien nutzen, um sich regelmäßig auszutauschen und auch gemeinsam Inhalte zu entwickeln. Communities entstehen oft eher zufällig, werden aber auch gezielt initiiert und aufgebaut: Lernende und Selbsthilfegruppen treffen sich im Web, Softwareentwickler programmieren gemeinsam Open-Source-Programme, Unternehmen versuchen, Mitarbeiter zum Wissensaustauch im Unternehmenswiki zu motivieren. Der Erfolg vieler Webangebote steht und fällt mit der Nutzung durch eine Gruppe sehr aktiver Nutzer, einer Community. Der Frage nach dem erfolgreichen Aufbau einer Community wird daher viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Online-Communities alsForschungsthema
Das Salzburg NewMediaLab (SNML), das Kompetenzzentrum für Neue Medien in Österreich, arbeitet daran, gemeinsam mit Unternehmen digitale Inhalte clever zu strukturieren, verknüpfen, personalisieren, für alle auffindbar zu machen und nachhaltig zu nutzen. Communities werden dabei als wesentlicher Faktor vieler Projekte betrachtet. Daher wurde von Oktober 2008 bis März 2010 ein Forschungsprojekt zu Community-Aufbau und ihre technologische Unterstützung durchgeführt.
Die erste Veröffentlichung des Projekts ist das Buch „Erfolgreicher Aufbau von Online-Communities“, das seit April 2009 im Buchhandel erhältlich ist (ISBN 978-3-902448-13-2). Das SNML wird von der Salzburg Research Forschungsgesellschaft koordiniert, so dass hierbei auf technologische und sozialwissenschaftliche Expertisen zurückgegriffen werden konnte.

Wachsen lassen!
Aus Empfehlungen aus der Literatur und Webquellen sowie Beiträgen von Experten wurden in der Studie Empfehlungen abgeleitet, die für den erfolgreichen Aufbau von Online-Communities allgemein gelten. „Wachsen lassen“ ist so ein häufig genanntes Prinzip. Menschliches Verhalten ist nicht
in einer Weise steuer- und beeinflussbar, wie man es oft gerne hätte. Für Communities kann es also keine Bauanleitungen oder Rezepte geben, Online-Communities sind vielmehr als organische Systeme wie Pflanzen zu hegen. Dieses Prinzip ernst zu nehmen, bedeutet unter anderem auch, potentielle Communitymitglieder schon frühzeitig in die Entwicklung einzubinden und Eigenentwicklungen zuzulassen.

Ziele und Bedürfnisse klären
Wer den Aufbau einer Online-Community anstrebt, sollte zunächst einmal Ziele und Zwecke festlegen und beschreiben. Diese müssen für alle Beteiligten klar verständlich sein und Sinn ergeben und entsprechend kommuniziert werden. Dies ist oft schwieriger als gedacht, wenn sich die Ziele der Betreiber von Communities nicht mit den Zielen der Online-Communities decken. Dr. Peter Gloor vom MIT stellt in einem Expertengespräch fest, dass potentielle Mitglieder eine klare und für sie reizvolle Antwort auf die Frage “What‘s in it for me?“ erhalten sollten. Es gilt also auch, gezielt Bedürfnisse der Zielgruppe zu eruieren. Beispielsweise ist es wichtig, typische Motive der Teilnahme zu kennen. Um die Bedürfnisse der Zielgruppe festzustellen, bieten sich Interviews und Umfragen an.

Kommunikation und Gemeinschaft fördern
Auch wenn das Thema einer Community interessant ist: In eine Community einsteigen und aktive Beiträge leisten wird man vor allem wegen der sozialen Kontakte. Dieses Gefühl, einer Gemeinschaft anzugehören, kann aktiv gefördert und unterstützt werden. Gemeinschaftsfördernde
Rituale sind zum Beispiel das Begrüßen von Neuen oder gemeinsame Aktionen. Auch haben die Rollen in Communities, Reputationssysteme, die Existenz nichtöffentlicher Diskussionsräume oder die Gestaltung von Mitgliederprofilen Auswirkungen auf die Gemeinschaftsbildung.

Erfolgskontrolle und Evaluation
Die Initiierung einer Online-Community ist in der Regel aufwändig und kostenintensiv, eine Überprüfung und Evaluierung des Aufbaus und der getroffenen Maßnahme ist notwendig. Dabei kann unter anderem untersucht werden, inwieweit die angestrebten Ziele erreicht wurden oder wie gesund die Community ist: Gesunde Communities weisen sich zum Beispiel durch eine dichte Kommunikation sowie eine hohe Mitgliederzufriedenheit und -loyalität aus.

Empfehlungen für ausgewählte Einsatzgebiete
Neben diesen allgemeinen Empfehlungen werden für sechs Einsatzgebiete weitere spezielle Empfehlungen gegeben: für den Aufbau von Selbsthilfecommunities, zur Einbindung von Lesern auf professionellen Nachrichtensites, zur Einführung eines unternehmensinternen webbasierten
Wissensmanagements, für das Lernen, zur Einbindung von Kunden bei der Innovationsentwicklung sowie zur Open-Source-Software-Entwicklung. Dabei wurden neben dem oben zitierten Peter Gloor vom MIT auch weitere Experten befragt, so unter anderem Prof. Dr. Peter Sloep (OUNL), Prof. Dr. Andrea Back (St. Gallen) und Experten aus der Salzburg Research Forschungsgesellschaft.

Kontakt:
Dr. Sandra Schaffert, Salzburg Research
Information Society Research
Jakob-Haringer-Straße 5/III
Tel.: 0662 2288-429
sandra.schaffert@salzburgresearch.at

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