Prof. Zemanek erhielt im Rahmen der Jahresveranstaltung 2009 der OCG eine 3D-Skulptur von Muchammad ibn Musa al Chorezmi (783- 850), dem Namensgeber des Algorithmus

Zum 90. Geburtstag eines Informatikpioniers
Univ.Doz. Mag. Dr. Karl Anton Fröschl

Es kommt immer wieder vor, dass Kreativität aus Opposition – oder sollten wir besser sagen: einem Spannungsverhältnis – zur gängigen Auffassung, zum Zeitgeist entsteht. In Prof. Zemaneks formativer Zeit war, wie er selber feststellt, die Sinuskurve das Maß der Dinge in der Nachrichtentechnik; dies legte ihm nahe, sich – antithetisch – mit dem Impuls zu beschäftigen, der unharmonischsten aller Schwingungen.

Ein Nachrichtentechniker mit einem Faible für Impulse, das ist beinahe schon ein Rechentechniker. Zemanek sagte einmal1, eigentlich wäre sein Lebensweg nicht so klar vorgezeichnet gewesen; er hätte z. B. auch Theologe werden können. Inspiriert war er zeitlebens, das ist keine Frage, und der himmlischen Sphäre widmet er in seinen anhaltenden Kalenderforschungen sein ungebrochenes Interesse. Immerhin, seine Neigungsvielfalt hat ihn für die fachliche Reflexion offengehalten; so konnte auch die Philosophie (vor allem Wittgensteins) für die Analyse der Sprachsemantik formaler Berechnungsstrukturen (Vienna Definition Language2) fruchtbar werden. Skeptisch gemacht hat ihn sein solides intellektuelles Fundamentgegenüber manchen trügerischen Prophezeihungen („Zur Künstlichen Intelligenz kann man sagen: entweder künstlich oder intelligent.“), bei aller Aufgeschlossenheit für neue Entwicklungen (wie der Kybernetik), den engen Radius des Entwurfs von Rechenmaschinen in ihren Implikationen weit übergreifend.
Von Kindheit an ist er jedenfalls Pfadfinder aus Leib und Seele, sagen wir, für unsere Zwecke: ein Suchender mit sozialem Gespür und einer ausgeprägten Gabe der Kommunikation. Darin zeigt sich der Erfinder (heute sagt man: Innovator), Initiator (auch der OCG, 1975) und Organisator, der Teamleader, der als Autorität das ingenieurtechnische Design in jene ineinandergreifende Menge beherrschbarer Teilprobleme zerlegt und auf die Mitglieder seiner Konstruktionsgruppe verteilt, die den ersten und einzigen programmgesteuerten Volltransistor-Kalkulator Österreichs (1958) hervorgebracht hat, mit Schaltungen aus „geschnorrten“ Hörrohr-Transistoren, einer handgestrickten Magnetkernspeichermatrix und einer gleichviel trickreichen wie geboten sparsamen Befehlslogik.
Die rasante Entwicklung dessen, was sich bald schon ‚Informatik’ nannte, hat er – von seiner Heimatstadt Wien aus – weltoffen mitgetragen, mitbegleitet, mitkoordiniert (als Präsident der IFIP, 1971-74, die nicht ganz zufällig in Österreich, in Laxenburg bei Wien, ihr Büro unterhält) und – in einer Fülle von Beiträgen, oft recht pointiert – mitkommentiert. Ad multos annos … wäre vielleicht denn doch ein wenig kokett gegenüber dem Jubilar mit seinen nunmehr 90 vollen Jahren; wir, die wir „die Informatik“ schon als definiert vorgefunden haben, hoffen indes unverbrüchlich, dass der authentische und stets befruchtende Dialog mit Prof. Zemanek noch weit in die Zukunft fortdauern möge … seine Österreichische Computer Gesellschaft, gerade einmal 35 Jahre jung, gratuliert ihrem rüstigen Gründer!

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